Mitverschulden & Quotenbildung Verkehrsunfall – Vollkaskoversicherung bedenken!

Mitverschulden & Quotenbildung Verkehrsunfall – Vollkaskoversicherung bedenken!

Es ist nicht ungewöhnlich, dass im Rahmen der Verkehrsunfallregulierung von einer Mithaftungsquote gesprochen wird. Kurz vorweg genommen, wird im Schadensersatzrecht immer zwischen der Haftung dem Grunde nach (soz. Wer trägt wie viel Verschulden) und der Haftung der Höhe nach (soz. Was und Wie hoch sind die zu ersetzenden Schäden) unterschieden.

I. In vielen Unfallkonstellationen ist allen Unfallbeteiligten ein Vorwurf der Unfall(mit)Verursachung zu machen, so dass eine sog. Quotenbildung in Betracht kommt. Hierbei wird das Mitverschulden des Beteiligten, der seinen Schaden ersetzt verlangt, berücksichtigt, so dass er eben nur einen Teil seines Schadens (eine bestimmte Quote) ersetzt verlangen kann.

Ein Beispiel mag sein: A parkt mit seinem PKW verbotswidrig in einer sehr engen Kurve; sein PKW steht in der Engstelle der Kurve und behindert andere PKW Fahrer erheblich. B durchfährt mit seinem PKW die Kurve und schätzt den verbleibenden Raum zum PKW des A unrichtig ein, so dass es zum Zusammenstoß kommt. A verlangt nun den Schaden an seinem PKW ersetzt.

Bei der Frage der Haftung dem Grunde nach muss sich A aufgrund des verbotswidrigen Parkens eine Mithaftung anrechnen lassen. A hat selbst gegen Vorschriften der StVO verstoßen, dieser Verstoß war mitursächlich für den Unfall. Die Gerichte urteilen hier je nach konkretem Fall Mithaftungsquoten um ca. 1/4-1/3 aus, so dass A hier ggf. nur 75% seines Schadens ersetzt verlangen kann. Bei der Frage der Haftung der Höhe nach werden zunächst alle berechtigten Schadensersatzpositionen ermittelt und sodann von jeder Position 75% ersetzt. A wird also auf 25% seines Schadens „sitzen bleiben“, wenn er nur die gegnerische Haftpflichtversicherung in Anspruch nimmt.

II. Ist A allerdings vollkaskoversichert, kann er nach dem sog. Quotenvorrecht abrechnen. Das ganze Prinzip hier zu erläutern, sprengt den Rahmen dieses Beitrages; die Abrechnung nach Quotenvorrecht ist erschreckenderweise vielen auch gar nicht bekannt.

Als Beispiel sei der obige Fall weiter ausgebaut: A hat einen Reparaturschaden in Höhe von 2.000 Euro, eine Wertminderung von 200 Euro, Gutachterkosten von 700,00 Euro und eine Kostenpauschale von 20,00 Euro als Schaden erlitten und in seinem Kaskoversicherungsvertrag eine Selbstbeteiligung von 200 Euro.

Bei der „normalen Regulierung“ erhält A nur 75% seines Schadens ersetzt, also von 2.920,00 Euro nur 2.190,00 Euro.

Beim Quotenvorrecht wird kombiniert mit der eigenen Kaskoversicherung und der Haftpflichtversicherung des Gegners abgerechnet, das beruht auf dem rechtlichen Prinzip des Forderungsübergangs.

1. A verlangt zunächst die Reparaturkosten von seiner Kaskoversicherung, wobei er sich die Selbstbeteiligung abziehen lassen muss. Hier erhält er also 1.800,00 Euro (die Wertminderung wird von der Kaskoversicherung ebenso wie die Gutachterkosten in der Regel nicht ersetzt).

2. Nun verlangt A von der gegnerischen Haftpflichtversicherung die Abrechnung der übrigen Positionen nach Quotenvorrecht und erhält:

volle 200,00 Euro restlicher Reparaturschaden,

volle 200,00 Euro Wertminderung,

volle 700,00 Euro Gutachterkosten,

zu 75% die Kostenpauschale: 15,00 Euro

also weitere 1.115,00 Euro.

A erhält also durch die Kombination beider Versicherungen fast seinen gesamten Schaden statt nur 75% ersetzt. In der Kombination fehlen ihm nur 5,00 Euro gegenüber zuvor noch einer Differenz von 730,00 Euro!

Sollte der Kaskovertrag durch das Ereignis belastet werden, also eine Belastung des Schadenfreiheitsrabattes erfolgen, können diese Versicherungsmehrkosten ebenfalls von der gegnerischen Versicherung zu 75% ersetzt verlangt werden.

Am Ende ist es also eine Rechenaufgabe, festzustellen, ob es sich lohnt nach Quotenvorrecht abzurechnen oder nicht. Sogenannte quotenbevorrechtigte Positionen (Wertminderung, Sachverständigenkosten, Selbstbeteiligung, Abschleppkosten) müssen von der gegnerischen Haftpflichtversicherung grundsätzlich voll ersetzten werden, sog. nicht quotenbevorrechtigte Positionen (Kostenpauschale, Rechtsanwaltskosten und Nutzungsausfall/Mietwagen) nur in Höhe der Haftungsquote.

Wenden Sie sich daher rechtzeitig an einen Rechtsanwalt, der sich mit Verkehrsrecht befasst, um hier beraten zu werden und den Unfall durch ihn regulieren zu lassen.